Wenn andere schon wieder geschieden sind,
sich bis zum Überdruss ungut kennen
oder in neuer Leidenschaft blind
sich in der Hoffnung auf “frisches” Glück trennen,
erreicht Euch auf feinstem Büttenpapier
die Ladung zum Feste: Jetzt heiraten wir.

Leicht ist zu ahnen, was alle nur denken,
aber nicht sagen, um uns nicht zu kränken.
“Nach zwanzig gemeinsam verbrachten Jahren
könnten sie sich diesen Schritt wirklich sparen.”

Wie hätten wir damals denn wissen sollen,
dass wir für immer ein Paar sein wollen?
Wir erinnern uns gern und es war auch ganz nett,
da war jedes Lager nur Liebesbett.
Diese Glut wuchs empor, erlosch aber nie,
sie entflammte nun Herz, Hirn und Phantasie.
Du hingst nicht ausschließlich am Tropf meiner Gunst,
ich übte mich nicht in der schäbigen Kunst,
Deinem Wunschbild von mir Gestalt zu geben,
statt meine eigenen Träume zu leben.
Keiner stand je im Wege oder drängend im Rücken,
ich musste nie aufschauen, Du Dich nicht bücken.
Wir gehen Seite an Seite, stehen uns bei,
erst im Nebeneinander sind wir ganz frei;
kein Gefallen, Verzicht, kein Ja und kein Kuss
war jemals ein ungern gewährtes Muss.
Was ich eben denke, das sagst gerade Du,
wir hören uns auch ohne Worte zu.
Ich brauche Dich nicht, Du kannst ohne mich leben,
dafür wollen wir heute das Ja-Wort geben.

Unserer Liebe sind Flügel geschenkt
und ein Kompass, der stets dorthin lenkt,
wo Frieden wohnt, Güte und Herzensfreude;
Heimat und Hafen sind wir für uns beide.