Wer schenken will -und jeder tut es-,
bewirkt damit nicht immer Gutes.
Bekannt vom Witzblatt ist der Gatte,
dem mit der fünfzigsten Krawatte
man überdeutlich demonstriert,
dass an ihm nichts mehr interessiert.
Präsente, die wir gar nicht wollen,
sind solche, die erziehen sollen:
Für Dicke zum Beispiel das “Bauch-weg”-Buch,
dem Kulturbanausen ein Opernbesuch …
Oft schenken auch die wirklich Netten
dem anderen, was sie selbst gern hätten.

Am schönsten sind deshalb alle Gaben,
bevor wir sie schließlich “entwickelt” haben.
Solange sie noch ihr Geheimnis wahren,
versprechen sie unter der wunderbaren
kunst- und verheißungsvollen Verhüllung
unserem größten Wunsch die Erfüllung;
und wenn es das wirklich einmal ist,
das “schönste Geschenk”, das man niemals vergisst,
dann strahlt des Empfängers seliges Glück
verdoppelt auf den Geber zurück.

Doch lässt sich in Glanz und kollektivem Entzücken
die leise Frage nicht ganz unterdrücken,
ob ich selbst denn die einzig wichtige Gabe
schon dargebracht und erhalten habe.
Es stehen ja alle Geschenke der Welt
in Wirklichkeit nur für das eine, das zählt;
und voller Zweifel, ob ich es kann,
mache ich mich wildentschlossen daran,
das andere, das fremde, unsympathische Ich
genauso zu lieben wie mich selber und Dich.